Wege wie Solidarität mit marginalisierten Menschen gelebt werden kann

Wie oft sehen wir, dass jemand ausgelassen wird, bettelnd durch die U-Bahn läuft, eine Kollegin einen Spruch bekommt. Wenn wir nicht selbst betroffen sind, kennen wir jemanden. Es ist eine lange Tradition der Unterdrückung dessen, was nicht kontrollierbar ist. Es ist eine alte Wunde aus den Bemühungen Kultur und soziale Struktur zu unterdrücken. Besatzungsmächte, Glaubensmissionarisierung und Kolonialismus –

 

es ist Zeit, aus Vergangenheit zu lernen und die Überbleibsel loszulassen.

 

 

Von diesem blog wurde ich total inspiriert und habe den Inhalt hier übersetzt und übertragen. Er wurde von people of colour in Seattle geschrieben, die keine Namen darunter setzen, weil sie dies als ein kapitalistisches Marketinginstrument sehen und es nicht um die Berühmtheit geht, sondern um die Sache.

 

 

Schon davon bin ich beeindruckt. Marginalisiert heißt soviel wie diskriminiert, an den Rand getrieben und dem Normalen nicht zugehörig. Aus dieser Position heraus, ist das Leben nicht einfach – und trotzdem geht es hier um die Sache, nicht um die Person. Eine Eigenschaft, die für mich in die Mitte der Gesellschaft gehört.

 

 

Solidarität – lt. Wiki: „bezeichnet eine, zumeist in einem ethisch-politischen Zusammenhang benannte Haltung der Verbundenheit mit – und Unterstützung von – Ideen, Aktivitäten und Zielen anderer. Sie drückt ferner den Zusammenhalt zwischen gleichgesinnten oder gleichgestellten Individuen und Gruppen und den Einsatz für gemeinsame Werte aus.“

 

 

Wir sind alle Menschen, wir haben alle gemeinsam, dass jede_r von uns mit einer Aufgabe, einem Wert auf die Welt gekommen ist und hier ist, diesen Weg zu gehen. Somit besteht für mich keine Frage, wer Gleichgesinnte sind in einer Gemeinschaft.

 

Das gesammelte Wissen der Autor_innen gibt konkrete Beispiele, wie wir unsere Gleichgesinnten, unsere Mitmenschen unterstützen können.

 

Wie oft sehen wir, dass jemand ausgelassen wird, bettelnd durch die U-Bahn läuft, eine Kollegin einen Spruch bekommt. Wenn wir nicht selbst betroffen sind, kennen wir jemanden. Es ist eine lange Tradition der Unterdrückung dessen, was nicht kontrollierbar ist. Es ist eine alte Wunde aus den Bemühungen Kultur und soziale Struktur zu unterdrücken. Besatzungsmächte, Glaubensmissionarisierung und Kolonialismus – es ist Zeit, aus Vergangenheit zu lernen und die Überbleibsel loszulassen.

 

 

Ich möchte hiermit zivilen Ungehorsam anstiften, der uns alle, auch die normal in der Mitte stehen, heilen kann, denn wenn du krank bist, habe auch ich ein Problem. Es gehört alles zusammen und wir brauchen alle unsere Gemeinschaft, die uns unterstützt zum höchsten Potential zu gelangen und unsere Gaben den Menschen zu schenken.

 

Du hast keine Erfahrung mit Diskriminierung? Vielleicht machst du dir Sorgen du könntest etwas falsch machen im Umgang mit einer Frau, einem Transmann, einer Lesbe, einer anderen Herkunft...?

 

Damit hast auch du schon die erste Erfahrung mit Diskriminierung… nicht perfekt und fehlerfrei? Was ist perfekt? Wer bestimmt das?

 

 

Bitte wisse, es ist sehr viel besser zu probieren, zu lernen und erneut zu probieren als schon vorher aufzugeben und damit an Diskriminierung selbst beteiligt zu sein.

 

 

Worte sind wichtig, vielmehr geht es aber um eine Haltung und dein Handeln.

 

 

 


 

Was kannst du also tun? Eine nicht vollständige Sammlung:

 

 

 1. Stell sicher, dass deine Freunde, Familie gut nach Hause kommen – bringt euch nach Hause, zum Auto oder zur Bahn.

 

 

2. Teile Essen. Koch für alle, wenn du Zeit, Geld und Energie hast. Wenn du mit jemandem essen gehst, der/die ein engeres Budget hat, zahle für beide Essen. Bring gutes Essen mit, vor allem wenn du zu Leuten gehst, die z.B. krank sind oder wenig haben.

 

 

 3. Mach den Abwasch. Hausarbeit für andere zu übernehmen hilft Freunden/Menschen, Zeit für andere Dinge zu haben, wobei wir nicht helfen können. Nach/bei der Party aufzuräumen, gibt den Organisierenden Zeit zum networken. 

 

 

4. Biete Mitfahrgelegenheiten an. Wenn du ein Auto hast, nimm Leute mit auf die Reise. Triff dich an Orten die gut mit den Öffentlichen erreichbar sind und versuche Schwierigkeiten einzurechnen (Behinderungen aller Art)

 

 

5. Biete deine Couch an für Leute, die gerade Schwierigkeiten zu Hause haben oder kein Zuhause. Vielleicht ist Couchsurfing.com eine Möglichkeit für dich. 

 

 

6. Sammle Informationen über Diskriminierung und betroffene Gruppen/Menschen. Je mehr du weißt, desto besser kannst du Menschen willkommen heißen und desto weniger stößt du auf Widerstand oder verletzt jemanden. 

 

 

7. Wie kannst du Ressourcen umverteilen? Wo du arbeitest oder involviert bist, hast du die Möglichkeit über deine/eure Ressourcen genauer nach zu denken. Was gebt ihr wofür aus? Könntet ihr es in die Gemeinschaft geben, vor allem zu Leute, die es brauchen? Ohne Gegenleistung oder Erwartungen. Es geht nicht nur um Geld, was ist mit anderen Dingen oder Dienstleistungen?

 

 

8. Emotionale Arbeit. Höre wirklich zu (ohne schon selbst zu denken). Erinnere Menschen an Termin oder Dinge. Sende Dankbarkeit aus, gib ihr Ausdruck. Ermutige. Lache. Schätze wert. Davon können wir alle nicht genug bekommen, wenn es ehrlich und mit der richtigen Intention geschieht. Oft wird das von marginalisierten Menschen öfter gelebt ohne Kompensierung. 

 

 

9. Wenn du bestimmte Macht oder Privilegien hast, nutze sie so, dass andere nicht darunter leiden, sondern dadurch sogar Möglichkeiten erhalten.

 

 

10. Wenn du eine Führungskraft bist, hast du besondere Verantwortung, wenn es um Solidarität geht. Bezahl deine Leute gerecht und so, dass sie gut davon leben können. Tu etwas für deren Gesundheit, kämpfe für ihre Rechte. Stell Transpersonen ein, Frauen mit Vorstrafen, Behinderungen und anderer Hautfarbe. Tritt für deine Leute ein und stell dich vor sie, wenn es Diskriminierung gibt.

 

 

11. Tritt für diese Menschen ein. Geh dazwischen, wenn du Diskriminierung oder Übergriffe mitkriegst und hol weitere Menschen dazu. 

 

 

 12. Frage, bevor du jemanden umarmst oder berührst, immer. Nein heißt nein. Akzeptiere Grenzen und praktiziere Sensibilität für ein ja aus Angst und nimm dich zurück, vor allem wenn du in einer Vorgesetztenposition bist oder auch einfach nur männlich. 

 

 

13. Umarmungen, Drücken, Wangenküsse, Rückenberührung, High fives sind sehr heilsam, wenn im gegenseitigen Einverständnis. Auch Männer brauchen das, nur hat ihnen die Homophobie das verboten vor langer Zeit.

 

 

14. Ruf nicht gleich die Polizei. Wie können wir Dinge selbst regeln? Statt Strafe einzufordern, Wiedergutmachung ermöglichen? Frag die Menschen um dich herum, was Sicherheit heißt und was alle dafür tun können? Wie kann Deeskalation geschehen? Wie reagieren wir schon vorher in unsicheren Situationen?

 

Gerade marginalisierte Menschen laufen Gefahr Opfer zu werden. Wie kannst du sie schützen? Auch die Polizei ist nicht vor Vorurteilen geschützt und oft sind die Menschen, die nicht viel haben kriminalisiert. Diebstahl aus Hunger vs. Diebstahl aus Gier…

 

 

15. Rede über deine mentale Gesundheit, schlechte Tage oder Empfindsamkeiten. Unsere Kultur liebt große Worte und perfektes Reinpassen in das Normale oder dass wir einander nicht brauchen – es ist Schwachsinn und isoliert uns und das macht krank!

 

Wir brauchen uns gegenseitig! In unserer Verletzlichkeit liegt unser größtes Geschenk für die Welt und eigentlich ist es doch viel besser zu zeigen wer wir sind.  

 

 

16. Sei da, wenn jemand eine Krise hat. Es braucht das Zuhören, das Sein lassen und dürfen wie es ist, das mit Liebe anschauen, der schweren Dinge, das Kümmern. Du brauchst nichts zu Reparieren oder Lösungen zu finden, nur da sein ist wertvoll. Frag, wenn du nicht weißt, wie du unterstützen kannst. Kenne deine eigenen Bedürfnisse, damit du voll da sein kannst. Wenn Dinge passieren, die komisch sein mögen, aber niemanden verletzten, lass sie da sein. Entscheide erst, wenn deine Sicherheit gefährdet ist oder die Anderer, Hilfe zu holen. Es braucht nicht immer eine Diagnose, Analyse, Pille oder gar Krankenhäuser. 

 

 17. Frag Menschen auch nach ihrem Befinden, wenn sie nicht in einer Krise sind, also wie es ihnen wirklich geht. Das ist gute Prävention.

 

 

18.  Wo kannst du etwas tun, damit eine bestimmte Person(engruppe) auch teilnehmen kann, die sonst keinen Zugang hat (monetäre Barriere, keine Kinderbetreuung..). Das kostet Zeit, aber wir sitzen alle in einem Boot.

 

 

19. Finde deine Gemeinschaft und schließt euch zusammen. Gemeinsam können wir die Dinge besser tragen, sind kreativer. Eine Person allein oder unsere Bezirksämter allein können diese Dinge nicht lösen und ihr seid direkt am Geschehen dran, was sehr viel effektiver ist. 

 

 

20. Heile dich selbst und unterstütze andere in ihrer Heilung. Heilung ist für jede_n anders und es ist oft nicht die westliche Medizin (die aufgrund des Systems Geld verdienen muss, statt wirklich zu heilen). Gib Wissen weiter, zeige Optionen, sprich über deine Erfahrungen, so dass Menschen verschiedene Informationen bekommen und besser entscheiden können. Auch hier gibt: nur mit Einverständnis. 

 

 

21. Wenn du einen Wissensvorsprung hast, hilf anderen. Versicherungen, Steuern, Bürokratie... sei ihr Anwalt, besprich die Angelegenheiten und spielt das System zusammen, so dass jede_r im System leben kann ohne Nachteile. Recherchiere den nächsten Krisendienst oder wie ein Flüchtling eine Wohnung finden kann… 

 

 

22. Tut euch zusammen, um die Dinge zu tun, die schwierig sind oder die nerven – Anträge ausfüllen, Hausarbeiten schreiben, Bewergung schreiben, Rechnungen bezahlen… ist alles Zeit für Freunde, Gemeinschaft, für Nähe und Wertschätzung… 

 

 

23. Nimm dir Zeit zu reflektieren, Zeit zu hören was dein Herz und Bauch will und was sie dir sagen, was wirklich wichtig ist. Nimm dir Zeit zu fühlen, wie es dir gerade geht in dem komplizierten Netzwerk, dem komplexen System in dem du lebst und ob jemand gerade ein bisschen Extraliebe braucht. Meditieren, beten, in der Natur sitzen…

 

 

24. Kannst du eine Kampagne, Crowdfunding, kleine Idee o.ä. unterstützen, die noch keine große Gemeinschaft hat?  

 

 

25. Vielen Menschen bekommen täglich gespiegelt, dass sie nicht willkommen sind (Flüchtlinge, Transmenschen, Schwule, Menschen mit Behinderungen oder Migrationsgeschichte um nur einige zu nennen). Zeig öffentlich deine Liebe/Solidarität: facebook, Schild/Aufkleber im Fenster… es wird gelesen. Es ist um so effektiver, wenn es von nicht davon betroffenen Menschen kommt. 

 

 

26. Ignoriere nicht, wenn etwas passiert. Sprich es an im Moment. Wenn du das nicht kannst, höre danach zu und informiere dich was passiert ist. Kümmer dich  darum, was die betroffene Person braucht, jetzt gerade und akzeptiere, was sie sagen und brauchen. Glaube ihnen, denn jede Wahrnehmung ist richtig für diese Person. 

 

 

27. Kläre auf. Vorallem Leute, die dort sind, wo du schon warst bevor du es besser wusstest. Wir alle haben weiße Übermacht, cis-hetero-Patriarchismus, Standesdünkel, Altersdiskriminierung, Frauenfeindlichkeit, Bevorzugung von Menschen ohne Behinderung oder Dingen, die scheinbar stören usw. von Grund auf gelernt und reproduzieren es selbst. Das heißt, wir können es auch wieder umlernen. Dazu brauchen wir alle Hilfe, die wir kriegen können. Es ist nicht die Pflicht der Unterdrückten immer zu lehren, wie wir das reparieren können

 

 

28. Übe dich im Fragen, was du brauchst. Wir sind nicht voneinander unabhängig und es ist wichtig „ja“ und „nein“ ohne Schuld oder Konsequenzen hören zu können und sagen zu können.

 

 

29. Engagiere dich ohne dabei dich selbst und die, die es betrifft zu vergessen. Unterschreibe Petitionen, ruf die örtlichen Politiker_innen an und vor allem folge Informationskanälen von Betroffenen, um sicher zu gehen, dass du in ihrem Sinne handelst.

 

 

30. Wir machen alle Fehler. Wichtig ist das, was daraus folgt. Lass deine Defensive fallen, bemerke Fehler und finde heraus, wie du es wieder gut machen kannst, wenn dadurch Schaden entstanden ist. Es ist wichtig, daraus dann zu lernen und die Situation zu ändern, damit es nicht wieder passiert – ohne Schuld und böse Sühne. 

 

 



 

Unser hochgelobter Individualismus, das Patriarchische Denken und der Kapitalismus haben unsere Verbindung miteinander unsichtbar gemacht und das Kümmern umeinander wertlos.

 

Es stehen Leben auf dem Spiel und unsere natürliche (nichtmenschliche) Umwelt – wir müssen etwas tun, alle. Wir sitzen alle im gleichen Boot und es gibt keine wirkliche Landesgrenze zwischen uns oder irgendeine andere, die wir uns aussuchen. 

 

Es geht auch nicht darum, plötzlich fehlerfrei und perfekt durch die Welt zu gehen, es braucht alle, die da sind, um hier raus zu kommen.

 

 

Together, in solidarity, we can survive this.

 

So kommen die Schreibenden des Ursprungsartikels auf den gleichen Schluss wie ich: wir brauchen funktionierende Gemeinschaften und gerade heute fand ich dazu einen Menschen, der mir Hoffnung gibt: Peter Block.